Liquid rappt wie es sein Name prophezeit: flüssig, wie Wasser, rasend, alles mitreißend und neue Wege schaffend. Sein Flow und seine Beats bringen jeden Kopf zum nicken, auch wenn Viele seine Texte nicht verstehen. Denn Liquid rappt auf bayerisch. So wie ihm der Mund gewachsen ist. Frech, schlagfertig und schnell.
Was ist dieses Liquid?
Harold Merl, wie der oft als bayerische Busta Rhymes bezeichnete Liquid bürgerlich heißt, kommt ursprünglich aus Regenstauf in der Oberpfalz. Dort hat er mit 15 Jahren seinen ersten Text geschrieben und damit den Grundstein für seine Karriere gesetzt. Allerdings floss ihm damals nicht jedes Wort so einfach aus dem Mund, wie es heute der Fall ist: „I bin froh drüber, dass i Kumpels ghabt hob, de zu mir ned ‚Eh, geil, geil!‘ gsogt hom, sondern eher so ‚Oida Harry, lern dein scheiß Text moi, i stei mi doch koa Stund hi und nimm an 16er auf!‘“ Das hat Liquid motiviert, immer besser zu werden. Denn rappen benötigt Zeit: „Des is ned so oafach, wia des vui seng. Des braucht vier, fünf Johr bis du überhaupt moi flown konnst und nimma von am Zeddl oblesn muasst. Oder woaßt wia du d‘ Wörter setzn muast, dassd instinktiv rappen konnst.“
Harry hat auch nicht immer auf bayerisch getextet. Früher, als es noch viel weniger Mundart Rapper gab, kannte man nur den amerikanischen Rap und Rap auf Hochdeutsch. Durch Bbou, für den er früher Backup Rapper war, ist Liquid erst auf die Idee gekommen auf bayerisch zu rappen. Es folgte das erste gemeinsame Album ‚Bavarian Wasted Youth‘ und schließlich Liquids Soloalbum ‚Lalilulelo‘. Dieses erste Album hat sich Harry selbst finanziert, denn zum Leben braucht er nicht viel Geld. Das Meiste fließt in die Musik.
Macht Liquid süchtig?
Mit der Zeit baute sich eine zunächst kleine, aber mittlerweile eine recht ansehnliche Fangemeinde auf. Immer mehr Leute fingen an, sich für den jungen Oberpfälzer Rapper zu interessieren. Für eine vielleicht maßgebliche Steigerung seines Bekanntheitsgrades sorgte ein Tweet von Deutschrap Pionier Kool Savas, in welchem er Liquid für seinen Track ‚Bavarian Barbarian‘ Props gab. Damit wurde klar: Deutschland ist auf den bayrischen Rapper aufmerksam geworden.
Es folgten immer mehr Auftritte und schließlich ging er Anfang des Jahres als Gewinner der BR-Newcomer-Sendung ‚Startrampe‘ hervor. Sein neues Album ‚La Le Lu‘ erschien im September und man könnte sagen: Liquid ist oben angekommen. Auftritte wie beim BASSart Festival 2014 gehören mittlerweile zu Liquids Alltag. Jedes Wochenende ein bis zwei Konzerte, in Deutschland, der Schweiz oder Österreich und unter der Woche nimmt er sich Zeit für sich, seine Freundin und seine neuen Freunde. „I hob grod zwoa Katzn griagt: Sunny und Simba. Jetzt muas i de immer streicheln und schaugn, dass ois bassd. Oder i schau an Film mit meiner Freindin. Mit der konnst ober koan Actionfilm oschaun, weil do hoaßts dann ‚Na, dua des weg, do griag i bese Gedanken‘. Aja und zwischendurch bau i Beats.“, lacht er. Für die Kopfnick-Beats aus seinem grad erschienenen Album war Maniac von den Demograffics zuständig. Die Beats für sein nächstes Album möchte Liquid zum Großteil alleine kreieren, denn dann ist jeder Track noch persönlicher. Die Verständlichkeit ist trotzdem für Viele ein Problem: „Vui Leid song, sie verstengan nix. Des is schod. Weil wennst amerikanischen Rap heast, vastehst ja a nix und bei französischem ja a ned. Entweder des Liad daugt dir oder eben ned. Natürlich is Verständlichkeit guad, aber es muas ned unbedingt sei. I hob a ziemlich vui französischen HipHop ghead. De Tracks von Saïan Supa Crew, hob i von vorn bis hintn midrappen kena, wahrscheinlich jeds Wort foisch ausgsprocha, aber drauf gschissn. I hob midgrappt und es war geil.„
Sich verflüssigen oder flüssig sein
Liquid lebt seine Musik und will auch weiterhin davon leben. Zumindest so lange es geht: „In zehn Johr war i zufrieden, wenns so war wie beim Hans Söllner. Oafach von der Musik leben, mit a boa Auftritte im Johr.“
Selten trifft man jemanden, der sich so gut wie Liquid mit Rap auskennt, sich so intensiv damit auseinandersetzt und so darin aufgeht. Wie Megaloh, einer von Harrys Lieblingskünstlern, gesagt hat: „Einzige Mukke, wo man das, was man sagt, auch verkörpern muss“. Und wer, wenn nicht Liquid, der so rappt wie er redet und so redet wie er rappt, erfüllt diese Voraussetzung?
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